ALFONS PAQUET – Lebensstationen

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EIN WELTENFAHRER AUS DER WELTKURSTADT

Im Handschuhladen an der Ecke Gemeindebadgäßchen/ Langgasse, mit einer dunklen Werkstatt im Zwischengeschoß und der Familienwohnung unter dem Dach, begegnete Alfons Paquet zum erstenmal der großen weiten Welt. Die Kundschaft des Vaters flanierte aus dem Kurviertel herauf: Rentiers und Damen, und immer wieder reiche Russen, manche hatten, wie sich Paquet erinnerte, ihr Vermögen irgendwo in Sibirien gemacht. Diese Atmosphäre blieb nicht ohne Wirkung auf das Kind:

„Aber es mag wohl sein, dass ich dem kosmopolitischen Zug der Stadt, der eigentlich ihr Grundzug ist und den sie als das eigentümliche, Unnachahmliche ihres Besitzstandes fördern sollte, - dass ich diesem Grundzug ein wenig von dem Weltbürgertum verdanke, das man mir manchmal nachsagt.“
(Aus: Meine Meinung über Wiesbaden, 1927)

In der eigenen Lebensführung zwar streng baptistisch und nüchtern puritanisch, so reüssierte der Handschuhmacher Jean Paquet in der aufstrebenden wilhelminischen „Weltkurstadt“ mit seiner Kenntnis des Französischen und einer gewissen Vorstellung vom Pariser Chic. Bald konnte der Laden vergrößert werden und umziehen, nun mit Blattgold an den Scheiben. Der Vater lernte englisch für seine internationalen Kunden. Alfons Paquet, dessen Neigung zu Büchern die Familie bald bedenklich fand - er sollte schließlich in die Fußstapfen des Vaters treten - wurde mit Fünfzehn nach London zu Verwandten geschickt. Aber die Erfahrung der Metropole gab ihm wohl endgültig die Ahnung ein, daß er nicht zum Handschuhmachen in Wiesbaden geboren war.

Der junge Paquet rebellierte in Maßen. Da waren die Versuche zur Herstellung von Schwarzpulver in seiner Dachkammer und mutwillig ausgelöste Feuerwehralarme. Nachts saß er in seiner „Poetenkammer“, las Nietzsche, dichtete und blickte auf den alten Friedhof am Römertor im Mondschein.

„Ich rücke dann mein wackliges Tischchen in eine Ecke zwischen Wand und Bett unter dem Bücherregal, hänge einen alten Mantel vors Fenster und hantiere geräuschlos. Dann schreibe ich. Ich besitze eine wohlfeile Sammlung von allerlei Büchern, meistens Dichtern. Meine Geheimnisse sind in meinem Waschtisch eingeschlossen, in eine dicke Mappe meiner Korrespondenzen, in einem Reklamekalenderbuch, dessen Füllung ich herausnahm liegen meine Dichtungen und Entwürfe, meine abgeschlossenen Arbeiten in dem ehemaligen Musterkoffer eines Reisenden. [...] Mit der modernsten Literatur bin ich nur indirekt bekannt. Über meinen Arbeitsgang als Philosoph und Dichter halte ich besondere Bemerkungen nicht für not. Ich strebe nach homerischer Fülle in jeder Beziehung; das Resultat muß immer Schönheit sein.“
(Aufzeichnung des Siebzehnjährigen aus dem Jahr 1898)

 

  

Foto Famile Paquet um 1895

Familie Jean Paquet
Wiesbaden um 1895

 

Wohnhaus in Wiesbaden

Wohnhaus in Wiesbaden

 

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